Ein kleiner Rundgang

24.September 2009 - Port Antonio


Morgen brechen wir zu unserer Reise an die Westküste Jamaikas auf... Zeit, die schöne Gegend hier noch einmal in ein paar Worten zu verewigen.

Port Antonio war für uns sicherlich ein Glücksgriff. Auch wenn die "Stadt" gerade mal 13 000 Einwohner aufweist und bis auf das rege Treiben der Hauptstraße und Taxistände eher verschlafen wirkt, ist es doch genau das Jamaika, das wir gesucht haben: authentisch, vom Tourismuseinheitsbrei
weitgehend verschont geblieben, nah am Leben der Menschen, die hier nicht nur für ein paar Tage Stop machen, sondern hier leben, arbeiten, Domino spielen, tanzen, rumhängen, das Leben genießen.
Natürlich mussten und müssen auch wir täglich neu den kleinen Spießrutenlauf absolvieren: "Nein, wir waren schon Floßfahren..." - "Danke, im Moment
brauchen wir keine selbstgebrannte Roots Reggae CD, die so aussieht, als hättest du sie frisch und leer im Laden gekauft und einfach mit nem Filzstift
beschriftet. Vielleicht morgen?" - "Nein, wir rauchen nicht. Nee, das auch nicht." - "Ja, ich komme aus Deutschland. Ach, du hast auch Freunde dort? Sag
bloß! ;)" - "Äh, ja, ich hab schon mal eine Mango gesehen." - "Nein, ich brauche kein Taxi, ich wohne hier!"
Man gewöhnt sich aber doch recht schnell an die freundlichen Offerten und entwickelt ein paar wirksame Floskeln, mit denen man höflich aber bestimmt Desinteresse an den feilgebotenen Waren signalisieren kann, worauf dann auch rituell die Antwort "Yah, man."/"Jamaica no problem." erfolgt.

Während wir bisher die meiste Zeit auf den Hügeln über Port Antonio im Krankenhaus verbracht haben (hmm, ob das wirklich stimmt...? 0=) hat Porti natürlich auch mehr zu bieten. Neben dem touristenorientierten "Crafts-Market" (wo sind bloß die Touristen dafür?), dem wuseligen Town-Square voller Taxis und der lauten Hauptstraße mit der stetigen Karawane aus Route Taxis, Minibussen und Pickups sticht vor allem die wie ein implantierter Fremdkörper wirkende totschicke, neue Marina hervor. Gebaut im Andenken an Port Antonios
wichtigste amerikanische "Lichtgestalt", den berühmt-berüchtigen Schauspieler Eroll Flynn, der hier vor mehr als 60 Jahren rauschende Feste feierte und viel Geld in die Gegend pumpte, soll auch diese Fassade möglichst viele reiche Touristen mit ihren Yachten, Kreuzfahrtschiffe oder wohlhabende Jamaikander nach Porti lotsen, um hier ein paar Dollar zu lassen. Auch wenn der
blitzeblanke Schauhafen sich einfach nicht in das sympathisch heruntergekommene Port Antionio integrieren will, immerhin scheinen auch die
Einheimischen die schöne Promenade zu genießen, des abends flaniert hier groß und klein (nicht zuletzt auch zur nahen Eisdiele) und genießt den Anblick.

Nebenan schmiegt sich die Halbinsel Titchfield Hill mit den drolligen halb zerfallen wirkenden Kolonialstil-Häuschen, Guesthouses und abenteuerlichen Schlaglochstraßen in die Bucht. Hier wohnen wir im "Ivanhoe's". Mit uns teilen
sich ein Ableger der University of the West Indies und die Jamaican National Defence Force diese historische Stätte, auf der die ersten Siedlungen der
Briten entstanden, von wo aus der erste Bananenhandel in See stach und wo die
allerersten Touristen zum ersten Mal Jamaica betraten. Von hier aus schwingt die Bucht weit aus bis zum Folly Point, mit einem putzigen kleinen orangenen Leuchtturm.
Entlang dieses Küstenstreifen reihen sich kleine Strandbars, Hüttchen, Fischerkneipen und allerlei der Gastronomie Zuzuordnendes, von dem gen Abend ein heiterer, angenehmer Wirrwarr von Roots Reggae, Dancehall und anderer Jamaicophiler Musik zu unserem Halbinselchen herüberschallt.
Vom Strand weg schieben sich schließlich die Hüttchen, Häuser und Lauben in die dicht grün bewaldeten Hügel hinauf.

Im Osten von Port Antonio wartet das Paradies für Strandurlauber: eine strandbewehrte Bucht reiht sich an die nächste, für weniger als zwei Euro bequem (oder weniger bequem) per Route Taxi oder Minibus zu erreichen. Unsere Favoriten sind sicherlich Frenchman's Cove und Winnifred Beach!
Frenchman's Cove, eine sehr kleine, aber sehr postkartenreife weiße Sandbucht am Ende eines sich durch paradisische Vegetation windenden Bachlaufs. Der respektable Eintrittspreis von 500 JDollar verrät es: hier sollen sich Touristen tummeln. Trotzdem blieb es hier erfreulich privat, bis auf eine Handvoll "Whities" (Kosename für uns Erblasste), ein paar Einheimische und die gelegentliche frisch geschlüpfte Schildkröte auf dem ersten Weg ins Meer blieb man für sich.
Einen ganz anderen Charme hatte Winnifred Beach, die uns vielleicht sogar noch besser gefiel. Etwas abseits der Straße (ein kurzer Fußmarsch), dafür unverfälscht und der "Geheim"tipp unter Einheimischen: Badewasser wie es schöner und wärmer nicht sein könnte, genau die richtige "Strandgröße", ein paar Jerkbuden, urige Vegetation... Winnifred ist einfach *der* jamaikanische Strand.
Daneben nicht zu verachten natürlich auch San San Beach mit der nahgelegenen Monkey Island (das rüberschwimmen war trotz oder wegen extrem flachem Wasser und unmengen von Seeigeln ein ganz eigenes Abenteuer), die süße Boston Bay mit Strandschaukel und seinen berühmten, aber wenig überzeugenden Jerk Pits, Long Bay mit exquisitem langem weißen Sandstrand (aber etwas vom Baden abhaltenden Unterströmungen)... oder die vielen kleinen anderen Strandabschnitte entlang der Küste... inklusive des kleinen Strands in der Marina von Port Antonio.

Bevor ich zu lange ausschweife, muss ich nun aber noch packen. Morgen geht es mit Mietwagen in Richtung Westen... bin gespannt was uns erwartet!